Der ultimative Leitfaden zur Instandhaltungsrücklage für Immobilienbesitzer
Dieser Beitrag wurde zuletzt am 8. September 2024 aktualisiert.
Du hast es geschafft: Der Kauf deiner ersten Anlageimmobilie ist abgeschlossen. Das Haus ist in tadellosem Zustand, bereit für die ersten Mieter. Doch bevor du in den Alltag als Vermieter startest, solltest du dich mit einem wichtigen finanziellen Instrument vertraut machen: der Instandhaltungsrücklage. Aber was genau ist eigentlich diese Instandhaltungsrücklage?
Die Instandhaltungsrücklage, neuerdings auch Erhaltungsrücklage genannt, dient der Eigentümergemeinschaft dazu, zukünftige Reparaturen und Instandhaltungen am Gemeinschaftseigentum zu finanzieren und finanzielle Notlagen zu vermeiden.
In diesem Artikel navigieren wir durch die komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen und erklären, warum aus der Instandhaltungsrückstellung die Erhaltungsrücklage wurde. Mit diesem Artikel will ich dir einen Leitfaden zu den Verpflichtungen der Eigentümer, den steuerlichen Implikationen und den Berechnungsmethoden zur Erhaltungsrücklage geben.
Bist du bereit? Dann auf!
Das solltest du wissen: FAQs
Die wichtigsten und häufigsten FAQs zum Thema als schneller Frage-Antwort-Block:
Was ist eine Instandhaltungsrücklage (Erhaltungsrücklage)?
Wichtig ist erst einmal, dass es eine Instandhaltungsrücklage rechtlich nur bei Eigentumswohnungen gibt. Inhaltlich ist das Konzept aber für alle Immobilien (auch wenn dir ein ganzes Mehrfamilienhaus gehört) gültig.
Einfach gesagt ist die Instandhaltungsrücklage eine Art Sparkonto, das für das gesamte Gebäude angelegt wird. Gemäß §19 des Wohnungseigentumsgesetzes ist es die Pflicht der Eigentümergemeinschaft, regelmäßig Geld beiseite zu legen. Dies dient dazu, dass für Reparaturen oder Instandhaltungsmaßnahmen des gemeinschaftlichen Eigentums jederzeit ausreichend Mittel zur Verfügung stehen.
Als Wohnungseigentümer trägst du zu dieser Rücklage bei, basierend auf deinem Anteil am Eigentum.
Die rechtliche Verankerung der Instandhaltungsrücklage
Bis zur WEG-Reform im Jahr 2020 kannten wir den Begriff „Instandhaltungsrückstellung“. Doch mit der Neuerung des Gesetzes sprechen wir nun von der „Erhaltungsrücklage“.
Diese sprachliche Änderung ist mehr als eine kosmetische Änderung – sie verdeutlicht die Notwendigkeit einer vorausschauenden und nachhaltigen Pflege des Eigentums, um es eben in seinem Zustand zu erhalten.
Der neue rechtliche Rahmen fordert eine klare, zweckgebundene Verwendung dieser Rücklagen. Als Immobilieneigentümer musst du deshalb genau verstehen, wofür die Erhaltungsrücklage verwendet werden darf – nämlich ausschließlich für Maßnahmen, die dem Erhalt und der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums dienen.
Wichtig: Dein Anteil für die Erhaltungsrücklage ist also nur für Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum vorgesehen. Du kannst das Geld nicht nutzen, um deine Wohnung (dein Sondereigentum) zu renovieren. Hierfür musst du zusätzlich selbst Geld ansparen!
Oh, und die Eigentümergemeinschaft ist übrigens sogar rechtlich verpflichtet, eine angemessene Instandhaltungsrücklage zu bilden. Die Grundlage hierfür ist § 19 Abs. 2 Nr. 4 des Wohnungseigentumsgesetz (WEG), der festlegt, dass zur ordnungsgemäßen Verwaltung einer WEG „die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage“ gehört:
(2) Zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung gehören insbesondere
[…]
4. die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage,
Vergleich der Instandhaltungsrücklage mit anderen Ländern
Vergleicht man die deutschen Regeln zur Instandhaltungsrücklage mit denen anderer Länder in Europa, zeigt sich, dass einige Nachbarländer deutlich strengere Vorgaben an die Höhe der Instandhaltungsrücklage haben.
In den Niederlanden ist seit dem 1. Januar 2018 etwa gesetzlich festgelegt, dass Wohnungseigentümergemeinschaften (VvE) jährlich mindestens 0,5 % des Wiederherstellungswerts der Immobilie in einen Reservefonds einzahlen müssen. Alternativ können sie einen Mehrjahreswartungsplan (MJOP) erstellen, um die künftigen Instandhaltungskosten zu planen und zu finanzieren. Diese Regelung ist im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch unter Artikel 5:126 des Burgerlijk Wetboek Boek 5 verankert.
In Österreich gilt seit dem 1. Juli 2022 eine gesetzliche Rücklagenpflicht von mindestens 0,90 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche und Monat. Diese Rücklage ist direkt an die Inflationsrate in Österreich gekoppelt, sodass sie jedes Jahr steigt. Die Details dieser Regelung finden sich in §31 des österreichischen Wohnungseigentumsgesetzes (WEG).
Auch in Spanien ist eine Mindesthöhe der Instandhaltungsrücklage (Reserva de Fondo) für Wohnungseigentümergemeinschaften gesetzlich vorgeschrieben. Hier muss sie muss mindestens 10 % des letzten regulären Jahresbudgets der Gemeinschaft betragen. Die gesetzliche Grundlage ist hier das Ley de Propiedad Horizontal (Art. 9, Abs. 1, Buchstabe f). Zuletzt wurde das Gesetz am 14. Juni 2022 durch BOE-A-2022-9838 geändert, um den Fonds auch für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und Barrierefreiheit nutzen zu können.
Im Vergleich dazu lässt das deutsche Wohnungseigentumsgesetz (WEG) den Eigentümergemeinschaften deutlich mehr Spielraum bei der Festlegung der Rücklagenhöhe. Das ist vielleicht mit ein Grund, warum in Deutschland in vielen Eigentümergemeinschaften oft Sonderumlagen nötig sind.
Land | Regelung | Quelle |
---|---|---|
Deutschland | Keine Mindestrücklage | Wohnungseigentumsgesetz |
Niederlande | Mindestens 0,5 % | Burgerlijk Wetboek Boek 5 |
Österreich | Mindestens 0,90 €/m² | Wohnungseigentumsgesetz |
Spanien | Mindestens 10 % | Ley de Propiedad Horizontal |
Verwaltung der Instandhaltungsrücklage
Die Instandhaltungsrücklage wird vom Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft verwaltet. Für dich als Eigentümer einer Wohnung sind, denke ich, primär drei Dinge relevant:
Erlaubte Ausgaben aus der Instandhaltungsrücklage
Die Mittel aus der Instandhaltungsrücklage dürfen ausschließlich für Instandhaltungen und Instandsetzungen des gemeinschaftlichen Eigentums verwendet werden.
Das umfasst etwa die Reparatur des Daches, die Erneuerung der Fassade oder die Modernisierung der Heizanlage. Was in deiner WEG alles genau unter das Gemeinschaftseigentum fällt, kannst du in der Teilungserklärung nachlesen.
Alle Ausgaben müssen dem Erhalt oder der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands dienen und sind in der Eigentümerversammlung zu beschließen.
Trennung der Mittel auf ein separates Konto
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Instandhaltungsrücklage auf einem separaten Konto geführt werden muss. Dies dient der Transparenz und erleichtert die Nachvollziehbarkeit der Geldflüsse.
Für dich als Eigentümer bedeutet dies eine zusätzliche Sicherheit, denn durch diese Trennung wird das Geld vor einer möglichen Insolvenz des Verwalters oder vor einer Verwechslung mit anderen Betriebsmitteln der Eigentümergemeinschaft geschützt.
Deswegen werden die Beiträge zur Rücklage auch in jedem Wirtschaftsplan und jeder Hausgeldabrechnung explizit ausgewiesen.
Steuerliche Aspekte für Eigentümer bei der Instandhaltungsrückstellung
Ein wichtiger Punkt für dich als Immobilieneigentümer und Vermieter ist die steuerliche Behandlung der Instandhaltungsrücklage.
Bedingungen für die steuerliche Absetzbarkeit
Als Immobilieneigentümer und Vermieter hast du die Möglichkeit, Beiträge zur Instandhaltung einer vermieteten der Immobilie steuerlich geltend zu machen.
Das gilt aber erst, wenn die WEG das Geld wirklich für Instandhaltungsmaßnahmen ausgegeben hat.
Die reinen Beträge zur Instandhaltungsrücklage sind daher nicht steuerlich absetzbar (Quelle), was irgendwo auch sinnvoll ist, da die Erhaltungsrücklage ja effektiv Geld ist, dass du ansparst und nicht ausgibst.
Du überweist das Geld zwar an die WEG, aber diese verwaltet es in einem separaten Topf für dich.
Diese Regelung hat der Bundesfinanzhof auch in seinem letzten Urteil zu diesem Thema am 21.10.2005 (Aktenzeichen IX B 144/05) noch einmal bestätigt.
Auch in einem früheren Urteil vom 26.01.1988 (Aktenzeichen ) hatte der Bundesfinanzhof schon entsprechend geurteilt und es im Leitsatz damals wie folgt zusammengefasst:
Die nach dem WEG an den Verwalter gezahlten Beiträge zur Instandhaltungsrücklage sind nicht bereits mit der Abführung an diesen, sondern erst bei Verausgabung der Beträge für Erhaltungsmaßnahmen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
Eine gute Zusammenfassung der Urteile zum Thema steuerliche Absetzbarkeit der Instandhaltungsrücklage findest du auch auf der dieser Webseite des NWB Verlages.
Die Instandhaltungsrücklage im Immobiliengeschäft
Behandlung der Rücklage im Verkaufspreis einer Immobilie
Beim Verkauf einer Eigentumswohnung ist die Instandhaltungsrücklage oft ein heiß diskutiertes Thema.
Als Käufer solltest du wissen: Der Teil der Rücklage, der auf die zu erwerbende Einheit entfällt, wird in der Regel auf den Kaufpreis aufgeschlagen.
Das bedeutet, du erwirbst nicht nur die Immobilie, sondern auch den anteiligen Betrag der Rücklage, der für zukünftige Instandhaltungen reserviert ist. Wer eine Eigentumswohnung kauft, kauft also immer auch die aktuelle Instandhaltungsrücklage der Wohnung mit.
Überlegungen zur Grunderwerbsteuer
Bezüglich der Grunderwerbsteuer liest man oft, dass auf die Instandhaltungsrücklage keine Grunderwerbsteuer anfällt.
Das ist leider falsch.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 16.9.2020 (Az. II R 49/17) bestätigt, dass die Instandhaltungsrücklage bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer nicht abzuziehen ist.
So hieß es hier vom Gericht:
Beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum ist der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.
Dasselbe gilt übrigens auch bei Zwangsversteigerungen (BFH Urteil vom 2.3.2016, Az. II R 27/14)
Während eine Aufschlüsselung der Gegenstände, wie Möbel und Co, sich also steuerlich positiv auswirken kann, brauchst du dir die Mühe bei der Instandhaltungsrücklage nicht machen.
Berechnung der angemessenen Höhe der Instandhaltungsrücklage
Einflussfaktoren für die Berechnung
Die Höhe der Instandhaltungsrücklage wird durch mehrere Faktoren bestimmt, wie das Alter und den Zustand des Gebäudes, die Qualität der Ausstattung und die erwarteten Kosten für künftige Instandhaltungen.
Professionelle Verwalter und Eigentümergemeinschaften nutzen hierbei oft die Peterssche Formel, um zu ermitteln, wie hoch die Instandhaltungsrücklage für ein Gebäude in etwa sein sollte.
Aber was ist das genau?
Einführung in die Peterssche Formel
Die Peterssche Formel ist ein verbreiteter Ansatz zur Berechnung der Instandhaltungsrücklage.
Sie basiert auf der Annahme, dass innerhalb von 80 Jahren, der 1,5 fache Wert der Herstellkosten eines Gebäudes in die Instandhaltung investiert werden muss.
Der Faktor von 1,5 wurde hierbei empirisch ermittelt und von den so berechneten Instandhaltungskosten entfallen ca. 70% auf das Gemeinschaftseigentum und 30% auf das Sondereigentum, also deine Eigentumswohnung.
Beispielberechnung mit der Formel
Nehmen wir an, die Herstellungskosten eines Gebäudes betrugen 1 Million Euro.
Gemäß der Petersschen Formel beträgt der Rücklagenbedarf also rund 18.750 Euro pro Jahr:
\dfrac{\text{Instandhaltungskosten}}{\text{ Jahr}} = \dfrac{1.000.000€}{80 \text{ Jahre}} * 1,5 = 18.750€
Bei dieser Immobilie solltest du im Mittel also mit 18.750€ Instandhaltungskosten pro Jahr rechnen.
Es wird Jahre geben, da sind die tatsächlichen Kosten niedriger, aber in den Jahren, wo die Sanierung der Fassade, der Leitungen oder der Tiefgarage beauftragt werden, werden die tatsächlichen Kosten dafür deutlich höher sein. Solange eine vernünftige Instandhaltungsrücklage angespart wurde, werden die Reparaturen jedoch finanziell kein Problem sein.
Da man die genauen Herstellkosten eines Gebäudes oft nicht kennt, und man ja auch generell eher wissen möchte, wie viele Euro pro Quadratmeter man generell zurücklegen sollte, rechnet man hier oft auch mit Herstellkosten pro qm und Instandhaltungskosten pro qm.
Konkret: Wenn du annimmst, dass deine Immobilie Herstellkosten von 3.000€ pro Quadratmeter hat, dann kannst du über die Peterssche Formel berechnen, dass deine voraussichtlichen jährlichen Instandhaltungskosten
\dfrac{\text{kosten pro qm}}{\text{Jahr}} = \dfrac{3.000€ \text{ pro qm}}{80 \text{ Jahre}} * 1,5 = \dfrac{56.25€ \text{ pro qm}}{\text{Jahr}}
betragen werden.
Instandhaltungsrücklage und Wohnungskauf – worauf achten?
Prüfung der Rücklage vor dem Kauf
Vor dem Kauf einer Eigentumswohnung solltest du die Höhe der vorhandenen Instandhaltungsrücklage prüfen.
Eine gut gefüllte Rücklage kann ein Indiz für eine gut verwaltete Immobilie sein und gibt Sicherheit für zukünftige Reparaturen.
Eine zu geringe Rücklage könnte hingegen auf bevorstehende Sonderumlagen oder eine schlechte Instandhaltungsplanung hinweisen.
Ein kleines Quiz zum Abschluss…
Hast du alle wichtigen Informationen und Details aus dem Artikel aufgenommen? Dann ist es Zeit, dein Wissen zu testen und zu sehen, wie gut du das Konzept der Instandhaltungsrücklage verstanden hast.
Dieses interaktive Quiz bietet dir die perfekte Gelegenheit, dein Verständnis zu überprüfen und gleichzeitig etwas Spaß zu haben.
Die Fragen decken alle wesentlichen Aspekte des Artikels ab. Ob du nun ein erfahrener Immobilieninvestor oder ein Neuling auf diesem Gebiet bist, dieses Quiz bietet dir eine spannende Herausforderung.
Bist du bereit, dich selbst zu testen? Viel Spaß und Erfolg beim Beantworten der Fragen!
Fazit
Die Instandhaltungsrücklage ist ein wichtiger Bestandteil der finanziellen Planung und Verwaltung von Eigentumswohnungen.
Sie sichert die Substanz der Immobilie und schützt die Eigentümer vor unerwarteten Kosten.
Als Immobilieninvestor solltest du der Instandhaltungsrücklage Aufmerksamkeit widmen, weil sie nicht nur zum Werterhalt deiner Investition beiträgt, sondern weil sie einen Einfluss auf deine Liquiditätsplanung hat.
Eine hohe Instandhaltungsrücklage heißt, dass du zwar ein hohes Hausgeld zahlst, aber dafür das Risiko von Sonderumlagen niedrig ist.
Spart die Eigentümergemeinschaft chronisch zu wenig Geld in der Instandhaltungsrücklage, solltest du das Delta für dich ansparen, damit du von der irgendwann kommenden Sonderumlage nicht überrascht wirst.
Ich hoffe, dieser Artikel konnte dir einen umfassenden Einblick in die Instandhaltungsrücklage geben. Wenn du jetzt auf der Suche nach weiteren Tools und Hilfestellungen bist, die dir bei der Kalkulation und Verwaltung deiner Immobilieninvestitionen helfen, schaue dir gerne auch einmal das Immoprentice Portfoliotool und das Immoprentice Kalkulationstool an.
Mit diesen Tools bekommst du schnell und einfach eine Übersicht über die Gesundheit deines Immobilienportfolio oder einer einzelnen Immobilie. Mit dem Kalkulationstool kannst du zum Beispiel sofort sehen, wie sich die Instandhaltungskosten und die Instandhaltungsrücklage auf deine Rendite und deinen Cashflow auswirken und kannst sehr einfach verschiedene Szenarien (auch mit Sonderumlagen) für deine Immobilien durchrechnen.